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Zur Stärkung des örtlichen Gewerbes und Schaffung neuen Wohnraums plant die Gemeinde Kreuth ein neues Gewerbegebiet an der Wiesseer Straße in Weißach. 
Hierfür muss bei der Unteren Naturschutzbehörde die Herausnahme von Flächen aus dem einstweilig sichergestellten
Landschaftsschutzgebiet   „Tegernsee und Umgebung“ beantragt werden.
Der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans liegt innerhalb der gestrichelten Linie in der Skizze.
Oberhalb verläuft die Weißach, am unteren Bildrand die Bundesstraße nach Bad Wiessee.

 

Im Tegernseer Tal werden, wie in Deutschland und Bayern, ständig Flächen versiegelt, die vorher mehr oder weniger naturnah waren.
Nun hat gerade Kreuth die Bebauung von rund 8000 Quadratmetern landwirtschaftlicher Wiese - natürlich innerhalb des LSG "Tegernsee und Umgebung" - beantragt
und die SGT stimmte dem Verfahren, abgesehen von Zusatzforderungen zum naturschutzfachlichen Ausgleich, im Prinzip zu.
Wie kann das sein?
Mit der Bodenversiegelung, die letztlich einen der Bausteine des Artensterbens darstellt, ist es wie mit dem tropischen Urwald oder den Treibhausgasen: Auf einen Baum oder eine Tonne Kohlendioxid oder 1000 Quadratmeter Versiegelung kommt es nicht an - die Frage ist, mit welcher Geschwindigkeit wird gerodet, emittiert und versiegelt und wie ist der Trend?
Geht er nach unten und ist ein Ende oder gar eine Umkehr in Sicht?
In Bezug auf das Tegernseer Tal wäre ein Masterplan z. B.  für die nächsten 100 Jahre erforderlich, der festlegen würde, wieviel Prozent der heute verbliebenen Naturfläche in welcher Dekade noch versiegelt werden dürfen. Ziel sollte eine Null sein, danach dürften nur noch Renovierungen / Sanierungen / Umnutzungen bereits versiegelten Geländes erfolgen.
Das bundesdeutsche Ziel liegt bei 0,3 % Versiegelung in 10 Jahren - und im LSG sollte es natürlich deutlich tiefer liegen, denn es ist ja genau der Sinn eines LSG,
die Natur darin zu schützen.
Wir würden uns wünschen, dass die Gemeinden im Tal solch einen Masterplan für sich erstellen.

Die SGT will kein reiner "Verhinderungsverein" sein und kennt den Bedarf an Gewerbeflächen für heimische Betriebe und bezahlbaren Wohnraum
für hier arbeitende Bürgern prinzipiell an.
Bevorzugt sollen aber Brachflächen oder leer stehende Bestandsgebäude genutzt werden.
Herausnahmen aus dem LSG werden äußerst kritisch gesehen und bedürfen sorgfältiger Abwägung und gezielter Ausgleichsmaßnahmen.

Im Fall des neuen Gewerbegebietes auf Kreuther Flur wird die Auswirkung auf das Landschaftsbild und die Erholungsfunktion sehr kritisch beurteilt.
Hier sollte eine großräumige Betrachtungsweise angelegt werden.
Für den Besucher, der sich in der Regel auf der B318 bewegt, ist das Landschaftserlebnis beim Blick auf Wiesen und Gehölzstrukturen wesentlich größer und erholsamer als beim Blick auf Siedlungen und Gewerbegebiete.
Derartige Kulissen aber haben mittlerweile am Tegernsee Seltenheitswert.

Der sich durch die Bebauung ergebende Ausgleichsbedarf sollte im Tegernseer Tal umgesetzt werden.
Geplant sind aber alle Ausgleichsmaßnahmen im Chiemgau! Das erinnert an modernen Ablasshandel.
Vor Ort bieten sich zahlreiche und vordringlich erforderliche Optimierungsmöglichkeiten im engeren und weiteren Uferbereich der Ringseebucht an
und im Umgriff des herausragenden Quellgebiets "Grea Wasserl".

Wir fordern den vorhandene Streifen im Norden an der Weissach von 10 m Breite, beschrieben als mesophile Hecke mit hoher Baumschicht auf 20 m zu verbreitern. Dort soll ein Gehölzstreifen aus heimischen Büschen gepflanzt werden. Der Gehölzstreifen bietet damit Nektar für Insekten an sowie Früchte für die Vögel.
Der Verbund nach Süden in Richtung der Waldrandlandschaft inklusive des Biotops „Grea Wasserl“ wird damit gestärkt.
Zudem bietet dieser Streifen vielen Boden-, Gebüsch- oder Baumbrütern die Möglichkeit zu nisten,
was bei dem geplanten schmalen Streifen eher geringfügig der Fall ist.

Auf der Südseite entlang der B 318 soll eine Baumreihe aus einheimischen Arten gepflanzt, die vorzugsweise auch die Linde (Sommer- oder Winterlinde) mit enthalten, da diese als Insektenbestäuber ebenfalls eine reiche Nektartracht bietet.

Auch der BUND Naturschutz meldet in einer eigenen Stellungnahme seine Bedenken an: "Wir lehnen die Herausnahme der Flächen aus dem LSG ‘Tegernsee und Umgebung’ grundsätzlich ab.” Die Naturschützer glauben, dass weitere Herausnahmen aus dem Landschaftsschutzgebiet vorprogrammiert sind, und es nur noch eine Frage der Zeit sei, "bis auch die verbleibenden Flächen zwischen Zamenhofweg und Aribostraße aus dem LSG herausgenommen und einer Bebauung zugeführt werden.”

Die Entscheidung, dem Vorhaben letztlich zuzustimmen gestaltet sich also zum ökologischen Seiltanz und uns bleibt nur die Hoffnung,
dass alle beteiligten Parteien mit größt möglicher Sensibilität und Verantwortung an das Projekt herangehen!

 

Als anerkannte Umweltvereinigung hat auch die SGT, ebenso wie der Bund Naturschutz eine Stellungnahme hierzu abgegeben.
Die komplette Stellungnahme finden Sie hier als PDF.