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Trotz intensiver Bemühungen der SGT und der von ihr gegründeten Bürgerinitiative Pro-Feuerwehrhaus scheint das Schicksal des einmalig schönen Feuerwehrhauses in Tegernsee besiegelt zu sein.
Der Stadtrat entschied sich mehrheitlich für einen kompletten Neubau an selber Stelle und verzichtete damit auf eine Variante der Machbarkeitsstudie, die einen Erhalt des Bestandsgebäudes samt Garagenanbau und Umbau vorsah.
Wir sagen Lebewohl und lassen die Vergangenheit noch einmal Revue passieren.

Feuerwehrhaus mit bewegter Geschichte

Am 18. Mai 1926 wurden die Aufträge für den Neubau an heutiger Stelle vergeben. Bisher war eine Schlossfeuerwehr im Kloster untergebrcht. Die Maurerarbeiten gingen an die Firma Staudinger aus Bad Wiessee.
Im September desselben Jahres erhielt Malermeister Max Fackler den Auftrag zur Ausführung der Fassadenmalerei mit dem knienden Heiligen Florian, der auch die neue Fahne ziert.
Die Bauarbeiten gestalteten sich bei äußerst knappen Kassen und Materialien als extrem beschwerlich.
Am 1. Mai 1927 wurde das neue Haus aber schließlich eingeweiht und an das Kommando der Feuerwehr Tegernsee übergeben. Nach einer vorläufigen Endabrechnung vom Januar 1927 beliefen sich die Gesamtkosten für die Errichtung des neuen Feuerhauses auf etwa 130.000 Reichsmark.
Gleichzeitig erhielt die Wehr ihre erste "benzin-automobile Motorspritze", ein Modell LF15 "Bayern" der Firma Magirus mit einer Pumpenleistung von 1.150 Litern in der Minute.
Dieses Löschfahrzeug, das 18.000 Mark kostete, war das modernste im ganzen Bezirk Miesbach-Tegernsee und stand auf Anforderung allen (!) Gemeinden des Bezirks bei Brandfällen zur Verfügung.

Erneuter Krieg verlangt der Wehr das Äußerste ab

Im März 1940 ersuchte Bürgermeister Hagg den Landrat in Miesbach, für Tegernsee die Aufstellung einer Pflichtfeuerwehr anzuordnen, da aufgrund der bereits erfolgten und noch zu erwartenden Einberufungen zur Wehrmacht ein ausreichender Feuerschutz in der Gemeinde nicht mehr gewährleistet war. Der Landrat erließ eine entsprechende Anordnung am 26. März 1940 und schon am 4. Juni des selben Jahres konnte Hagg berichten, dass eine Pflichtfeuerwehr in Stärke von 60 Mann aufgestellt worden sei, die vom Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr wöchentlich ausgebildet wird.
Während der Bombennächte von München musste die Tegernseer Wehr bis in die Landeshauptstadt ausrücken,
um nach Luftangriffen zu helfen.
Einsatzorte sind etwa das Agfa-Gebäude, der Kustermann-Bau am Viktualienmarkt oder die Poliklinik.
Meist erfolgen die Alamierungen erst nach Mitternacht und die Einsätze dauern nicht selten 24 Stunden.

Schwieriger Neubeginn 1945

Die Wehr hatte im Krieg 17 aktive Kameraden verloren. Im Juni 1945 hatte sie darüber hinaus nur mehr 36 aktive Mitglieder, und die in den letzten Kriegsjahren gebildete Frauenlöschgruppe bestand nicht mehr .
Unter dem neuen Kommandanten Anton Staudacher, der später erster Bürgermeister von Tegernsee werden sollte, ging es wieder aufwärts. Die Feuerwehr hatte nun wieder eine schlagkräftige Truppe. Nach den entbehrungsreichen Jahren des Krieges und der Nachkriegszeit rüstete sich die Wehr 1953, ihr 80. Gründungsjubiläum in würdigem Rahmen zu begehen.

Baumeister Lorenz Hofmann

Der Erbauer des 1928 fertiggestellten Feuerwehrhauses war Lorenz Hofmann (1866-1927).
Er gehörte neben Degano, Perger und anderen zum Vorreiter des alpenländischen Gebirgsstils.
Ihre Bürgerhäuser und Herrschaftsvillen prägen zusammen mit den typischen Einfirsthöfen das Tegernseer Tal und sein Umland. Sie sind in Schönheit und Funktion einmalig und aus unserer Gegend nicht wegzudenken.
Sein Vater Josef Hofmann gründete 1861 ein Baugeschäft an der Hochfeldstraße, das sein Sohn Lorenz fortführte.
Noch heute erinnert der nach ihm benannte Hofmannweg an den bedeutenden Tegernseer Baumeister.
Zuerst übernahm er den Umbau des Sengerschlosses und des Ludwig-Ganghofer-Hauses am Leeberg, dann die Bauausführungen von Häusern, die Gabriel Seidl geplant hatte, etwa die prächtige Fabervilla um schließlich seine eigenen Bauten zu errichten wie etwa das Mariacherhaus, die Schießstätte oder sein eigenes Haus am Hochfeld.
Auch am berühmten Thoma-Haus auf der Tuften war er zumindest beteiligt!
Unsagbar viel verdankt das Tegernseer Tal seinem Wirken!
„Hofmann verstand es meisterlich, seine Bauten dem Landschaftsgemeinbild so einzufügen, wie es im Tegernseer Land zuvor allein die Klosterbaumeister vermochten.“ So schrieb ein W.v.R. im Nachruf von 1927, dem Jahr, in dem er sein letztes Werk, das Tegernseer Feuerwehrhaus schuf.

Wandmalerei von Max Fackler

Die Fassade ziert original erhalten die markante Wandmalerei vom Tegernseer Maler Max Fackler (1879-1966).
Das Museum Tegernseer Tal besitzt reizvolle Entwurfzeichnungen, die Günther Schädler (1930-2013), selbst Maler, auf seinem Dachboden fand. Die wichtigsten Gestaltungselemente sind die Malereien über der Eingangstür und den Fahrzeug-Garagen.
"Zentraler Platz für Feuerpatron St. Florian in römischer Rüstung samt Fahne und Wasserschaffl zum Löschen eines Brandes. Über vier der (ursprünglich) 6 Tore sind in üppiger barocker Rahmung symbolische Darstellungen zu sehen, die sich auf die Feuerwehr beziehen.", schreibt der Historiker Roland Götz im Tegernseer Tal Heft vom Sommer 2019.
Über jedem Tor wird eine mögliche Brandursache dargestellt: ein Sonnenstrahl, der durch ein Vergrößerungsglas fällt, ein Blitzschlag, eine brennende Nachtkerze und elektrischer Strom.
Das Atomkraftwerk über dem heutigen 7. Tor ganz links kam erst 1990 bei einem Anbau dazu, als das örtliche Krankenhaus seine röntgenologische Abteilung erhielt.

Vielleicht ein Hoffnungsschimmer

Das einmalige, ortsprägende Gebäude stand bis 1981 unter Denkmalschutz.
Wegen zahlreicher Umbauten verlor es seine Denkmalwürdigkeit.
Wohl auch eine politische Entscheidung, da aufgrund der städtbaulichen und heimatgeschichtlichen Bedeutung ein öffentliches Interesse am Erhalt des Baudenkmals sicherlich vorhanden wäre.
Aber es gibt noch eine kleine Chance! Das Freilichtmuseum Glentleiten interessiert sich und prüft, ob es eine Möglichkeit gibt, das Haus abzutragen und im Museumsgelände bei Großweil wieder aufzubauen.
Anderfalls ist der endgültige Abriss bereits für Anfang nächsten Jahres beschlossene Sache.
Welch kultureller Verlust für Tegernsee und das gesamte Tal!