Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Merz,
mit Entsetzen haben wir, die gemäß § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in Bayern anerkannte Umweltvereinigung
Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal e.V. (SGT), aus den Medien die Passage Ihrer Rede beim CSU-Parteitag am vergangenen Samstag, 13.12.2025, erfahren, dass Sie den Umwelt-/Naturschutz schleifen wollen zugunsten der Wirtschaft.
Sie haben sich geäußert, dass Sie einen stärkeren Fokus auf die Wirtschaft richten wollen, dabei müsse auch der Naturschutz im Zweifel zurückstehen.
Sie seien nicht bereit, Umwelt- und Naturschutz so hoch aufzuhängen. Zu lange hätte die Umweltpolitik die Konjunktur gebremst und damit auch die Demokratie geschädigt.
(siehe https://www.br.de/nachrichten/meldung/merz-will-wirtschaft-vor-naturschutz-stellen; BR-Sendung vom 13.12.2025, 19 Uhr).
Das entspricht nicht einem notwendigen sozial-ökologischen und nachhaltigen Umbau unserer Wirtschaft, sondern ist auf tragische Weise eine Kriegserklärung gegen die Natur, die umgehendvon Ihnen und auch von Ministerpräsident Söder öffentlich zurückgenommen werden sollte.
Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Söder begrüßte ja auf dem CSU-Parteitag anschließend Ihre Haltung, wobei daran erinnert wird, dass dieser noch vor kurzem Bäume umarmte, diese nun sinnbildlich umsägen will und damit erneut seine häufig wechselnde populistische Haltung offenbart.
Wir von der SGT wollen Ihnen hiermit entschieden entgegentreten, gegen diesen geplanten Frontalangriff auf den Naturschutz, der u.a. auch gegen Art. 20a des Grundgesetzes verstößt.
Nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 27. Oktober 1994 mit dem neugeschaffenen Artikel 20a wurde auch der Umweltschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen.
Am 1. August 2002 wurde er um den Schutz der Tiere ergänzt, so dass der Artikel 20a des Grundgesetzes seitdem lautet:
„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung."
Er erteilt unserem Staat, gestützt auf den wegweisenden Klimabeschluss 2021 des Bundesverfassungsgerichts, den Auftrag für Umwelt- und Tierschutz, der sich auf Klimaschutz (auch Klimaneutralität), Artenschutz und Biodiversität erstreckt und sowohl den Gesetzgeber, die Verwaltung als auch die Gerichte bindet, um Gesetze und Entscheidungen im Sinne dieses Ziels auszulegen und zu treffen.
Das Bundesverfassungsgericht hat dabei dem Gesetzgeber konkrete Pflichten zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze auferlegt und die Verlagerung von Klimaschutzanstrengungen in die Zukunft untersagt.
In Ihrem als Bundeskanzler geleisteten Amtseid haben Sie nach Art. 56 GG geschworen und sich verpflichtet, Ihre Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen, die Gesetze zu wahren, Ihre Pflichten gewissenhaft zu erfüllen und Gerechtigkeit zu üben. Ihre o.g. Äußerung sowie die von Herrn Söder am 13.12.2025 ist der Plan, den Amtseid in diesem Sinn bewusst verletzen zu wollen.
Die o.g. Ausführungen sollten daher von Ihnen und von Herrn Söder umgehend öffentlich zurückgenommen werden.
Gerade Sie, mit einer Zweitwohnung in Gmund am Tegernsee, müssen eigentlich dankbar sein, dass Sie von dort beim 360°-Blick auf drei seit Mitte der 1950er Jahre bestehende Landschaftsschutzgebiete blicken können, nämlich auf die Landschaftsschutzgebiete „Tegernsee und Umgebung“, „Egartenlandschaft um Miesbach“ und „Weißachtal“.
Es war kein Jurist, sondern der damalige Schmied von Waakirchen (Lkr. Miesbach) Anton Bauer, der Mitte der 1950er Jahre als Miesbacher Landrat diese und drei weitere Landschaftsschutzgebiete auf der Grundlage des damals noch geltenden Reichsnaturschutzgesetzes vorausschauend unter Schutz stellen ließ.
Die kommenden Feiertage um die Jahreswende werden Sie vermutlich zeitweise auch in Gmund am Tegernsee verbringen.
Es würde uns freuen, wenn Sie uns besorgten Bürgern, der SGT-Vorstandschaft, während dieser Zeit einen persönlichen Austausch ermöglichen würden.
